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Riverine and coastal wetlands for biodiversity and climate - Linking science, policy and practice
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Mehr als ein Vierteljahrhundert nach einer 1996 veröffentlichten „Provisorischen Roten Liste der phytoparasitischen Pilze Deutschlands“ von Oliver Foitzik (†) ist das hier vorgelegte Werk die erste umfassende Überarbeitung dieser Organismengruppe mit einer detaillierten Analyse der Gefährdungssituation. Es werden die vier Großgruppen Brandpilze, Rostpilze, Echte Mehltaupilze und Falsche Mehltaue einschließlich der Weißroste in ihrer traditionellen Umgrenzung behandelt. Für das Gebiet wurden 1.445 Taxa betrachtet, von denen 1.196 etabliert und Indigene oder Archäobiota sind. Von diesen stehen 619 Taxa auf der Roten Liste. 125 Taxa sind ausgestorben oder verschollen, weitere 408 Taxa sind bestandsgefährdet (Rote-Liste-Kategorien 1, 2, 3 und G). Für die weltweite Erhaltung von 13 Taxa hat Deutschland eine erhöhte Verantwortlichkeit. Als obligate Parasiten und wichtige funktionelle Glieder von terrestrischen Ökosystemen sind die hier behandelten Pilze auf das Engste mit ihren Wirtspflanzen verbunden, sie sind erhaltenswert und schutzbedürftig. Ihr Überleben ist nur gemeinsam mit den Wirtspflanzen möglich. Wesentliche Gefährdungsfaktoren der phytoparasitischen Kleinpilze sind die Nutzungsintensivierung in der Land- und Forstwirtschaft, die Anwendung von Fungiziden, das Aufgeben der Nutzung von ertrags- und nährstoffarmen Standorten, die Entwässerung von Feuchtgebieten, die Unterbindung einer natürlichen Lebensraumdynamik, z. B. in Wäldern und an Fließgewässern, sowie die zunehmende Inanspruchnahme offener Flächen durch Baumaßnahmen.
Derzeit werden in Deutschland die überregionalen Verkehrswege nach einem Prinzip geplant und gebaut, das nach dem Zweiten Weltkrieg entstand und zum Ziel hat, steigende Verkehrsmengen abzuwickeln. Dieses System ist in sich schlüssig, die einzelnen Elemente bzw. Interessen stützen sich gegenseitig, aber es führt gewollt und zwingend zu ständig steigenden Verkehrsleistungen und Umweltbelastungen. Deshalb ist dieses System nicht zukunftsfähig und nicht mit einer Nachhaltigen Entwicklung vereinbar. Statt wie bisher Verkehr zu fördern, muss zukünftig als neues gesellschaftliches Planungsprinzip die Sicherung der Mobilität von Menschen eingeführt werden. Aufbauend darauf sind alle diejenigen Maßnahmen zu identifizieren, die dieses gesellschaftliche Mobilitätssicherungsziel mit minimalen Aufwänden und mit minimalem Verkehr sicherstellen. Erst damit kann eine Vereinbarkeit der Planungen auch mit anderen gesellschaftlichen Zielen, etwa im Bereich des Klimaschutzes oder der biologischen Vielfalt, gewährleistet werden. Insgesamt stehen der Verkehrssektor, die Verkehrspolitik und jede Verkehrsplanung vor einem fundamentalen Paradigmenwechsel: Bisher galt es, mehr Verkehr zu ermöglichen, künftig wird es darum gehen, Verkehr zu minimieren und mit anderen Zielen zu vereinbaren.
Insektenschonende Mähtechniken können vermutlich einen wichtigen Baustein im Maßnahmenpaket gegen den beobachteten Rückgang von Insekten im Grünland darstellen. In diesem Zusammenhang sollte eine Umstellung hin zur insektenschonenden Bewirtschaftung von Straßenrändern auf Grund deren Größe und möglicher Korridorfunktion als Chance für die Erhaltung und den Schutz von Insekten angesehen werden. In einem randomisierten Freilandexperiment wurde die Wirksamkeit eines insektenschonenden Böschungsmähers mit veränderter (horizontaler statt vertikaler) Luftführung, verringerter Angriffsfläche des Schneidwerks, verkleinertem Bodenkontakt sowie angehobener Schnitthöhe im Vergleich zu einem herkömmlichen Böschungsmäher getestet. Im Ergebnis zeigt sich, dass bei dem insektenschonenden Mähkopf in Abhängigkeit von der taxonomischen Gruppe die Verluste bei Spinnen und Insekten vollständig aufgehoben sind oder um 20 % geringer ausfallen als beim Standardmähwerk. Die Ergebnisse verweisen auf ein hohes technisches Innovationspotenzial bei Böschungsmähmaschinen, mit dem mähdbedingte Insektenverluste bei der Pflege von Straßenbegleitflächen deutlich minimiert werden können.
Tiere am Straßenrand
(2022)
Kleintiervorkommen im Straßenbegleitgrün (v. a. Tagfalter, Widderchen, Heuschrecken und Laufkäfer, aber auch Haselmaus, Zauneidechse oder Wildbienen) wurden von Arbeitsgruppen der Hochschule Anhalt und der Universität Kiel deutschlandweit untersucht und, wo möglich, mit Bestandsaufnahmen verglichen, die rund 30 Jahre zuvor an denselben Orten durchgeführt worden waren. Begleitgrün kann demnach einen erheblichen Beitrag zur Sicherung der biologischen Vielfalt leisten und als Bestandteil der grünen Infrastruktur Europas entwickelt werden. Es ist zwar kein Ersatz für flächenhafte oder gar großflächige naturnahe und/oder artenreiche Ökosysteme, aber es kann eine Ergänzung solcher Flächen sein und deren Funktionen unterstützen. In intensiv genutzten Landschaften kann das Begleitgrün ein Mindestangebot an biologischer Vielfalt bereitstellen. Das große Potenzial des Verkehrsbegleitgrüns für die Förderung der biologischen Vielfalt wird bisher aber nur marginal genutzt und dessen Beitrag zum überörtlichen Lebensraumverbund ist noch nicht ausreichend bewertbar.
In Deutschland rückt seit den 1980er-Jahren die Pflanzenartenvielfalt der Autobahn- und Straßenränder verstärkt in das Blickfeld der geobotanischen Forschung. Ein hoher Anteil des Straßenbegleitgrüns besteht aus Ruderal- und Adventivpflanzen. Daneben spielen Arten des Grünlands frischer Standorte eine besondere Rolle. Eine Besonderheit stellen salztolerante bis salzliebende Pflanzenarten dar. Der Neophytenanteil im Straßenbegleitgrün ist überdurchschnittlich hoch. Autobahnen und Straßen kommt eine wesentliche Rolle als Einwanderungs- und Ausbreitungskorridor von Pflanzenarten zu. Zur Eindämmung von Florenverfälschungen sind die seit März 2020 geltenden Regelungen des Bundesnaturschutzgesetzes zu beachten.
Praxisnahe Planungsprozesse und eine gute Kommunikation auf interdisziplinärer Ebene sind Faktoren für erfolgreiche Projekte. Vorhabentypen wie der Brückenersatzneubau müssen allerdings noch dahin entwickelt werden. Die Niedersächsische Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr (NLStBV) hat es sich anlässlich der großen Zahl neu zu bauender Brückenbauwerke im Straßennetz zur Aufgabe gemacht, diese Entwicklung anzugehen. Dafür hat sie auch die Erarbeitung eines Leitfadens veranlasst, der künftig die Beteiligten bei den Planungsprozessen von Brückenersatzneubauvorhaben organisatorisch und inhaltlich unterstützen soll. Im vorliegenden Artikel werden zu Beginn die besonderen Anforderungen des Brückenersatzneubaus an den Planungsprozess und die interdisziplinäre Zusammenarbeit erläutert. Die Erkenntnisse aus einer Problemanalyse dienen als Basis für das Verständnis, welche Veränderungen erforderlich sind, um den Planungsprozess und die Zusammenarbeit der Beteiligten zu optimieren. Mit Blick auf den Inhalt des Leitfadens werden anschließend die wichtigsten Maßnahmen zur Optimierung des Planungsprozesses vorgestellt.
Kollisionen zwischen Wildtieren und Fahrzeugen stellen weltweit einen signifikanten Mortalitätsfaktor dar und verursachen jährlich Schäden in Milliardenhöhe. 295.000 Wildunfälle stellten 2019 einen neuen Höchstwert in Deutschland dar, was sich auch in den Sachschäden mit 885 Mio. € widerspiegelt. Für eine zuverlässige und dauerhafte Wildunfallprävention ist bundesweit auf behördlicher Ebene eine einheitliche Dokumentation von Wildunfällen notwendig; aktuell variiert diese deutlich zwischen den Bundesländern. Gleichzeitig weisen Forschungsergebnisse auf die Notwendigkeit hin, mit Präventionsmaßnahmen gegen Wildunfälle auf das Verhalten der Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmer einzuwirken, anstatt das Wildtierverhalten zu steuern. In diesem Zusammenhang sollte der Blick auch auf landschaftsökologische Faktoren im Straßenumfeld geworfen werden, die auf das Verhalten von Tieren einwirken und somit Potenzial zur Vermeidung von Wildunfällen haben.
Klimawandel und Straßen - Integration einer Treibhausgasbilanz in die Neu- und Ausbauplanung?
(2022)
Der Beitrag beleuchtet die verschiedenen Möglichkeiten, den Klimaschutz in Planung und Zulassung von Straßenbauvorhaben zu berücksichtigen. Dabei wird eine Abschichtung über die jeweiligen Planungsebenen empfohlen. Nach einer Analyse der Grundlagen für die Betrachtung von Treibhausgas(THG)-Emissionen im Verkehrssektor und der Diskussion der Ziele für den Klimaschutz werden die verschiedenen Prozesse beleuchtet, die im Zuge des Aus- oder Neubaus der Straßenverkehrsinfrastruktur Einfluss auf die THG-Bilanz nehmen. Die Möglichkeit, Eingriffe in Treibhausgassenken und -speicher zu bilanzieren und mittels geeigneter naturschutzfachlicher Kompensationsmaßnahmen auszugleichen, wird erörtert. Abschließend erfolgt eine Empfehlung zur Umsetzung in den verschiedenen Planungsebenen.