Heft 11
Philipp Leopold Martin (1815-1885) war ein bedeutender Naturforscher der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Als Tierpräparator, Museumsgestalter und Ornithologe war er vielfältig tätig und ist auf diesen Feldern in Fachkreisen bis heute bekannt. Martin hat im Jahr 1871 aber auch als einer der ersten deutschsprachigen Autoren ein Konzept zum Schutz der Natur veröffentlicht. Darin führte er das Wort "Naturschutz" in die deutsche Sprache ein. Seine Leistungen als Naturschützer gerieten jedoch schon bald nach seinem Tod vollkommen in Vergessenheit und wurden erst vor zehn Jahren wiederentdeckt. Der Beitrag berichtet über die Wiederentdeckung, nennt die vielfältigen Ideen Philipp Leopold Martins und würdigt ihn als weitsichtigen Vordenker des deutschen Naturschutzes.
Die Industriemoderne, die Deutschland vor mehr als 150 Jahren grundlegend veränderte, hatte Gewinner und Verlierer. Zu Letzteren zählten Natur und Landschaft, aber auch Menschen, die vor allem in Ballungsräumen unter unsäglichen Arbeits-, Einkommens- und Wohnverhältnissen lebten. Seither stehen soziale Fragen und die Naturfrage auf gesellschaftlichen und politischen Agenden. Beide - mittlerweile erweiterte - Problemkomplexe harren noch heute einer Lösung. Seit dem UN-Weltgipfel in Rio 1992 orientiert sich die Weltgemeinschaft am Prinzip der nachhaltigen Entwicklung. Ökonomie, Ökologie und Soziales müssen gleichzeitig und vernetzt gedacht werden. Soziale Fragen und Naturfragen stehen miteinander in einer engen Verbindung. Der Beitrag zeichnet historische Entwicklungslinien nach, verweist auf neue Dimensionen, problematisiert das spannungsreiche Verhältnis zwischen intra- und intergenerationeller Gerechtigkeit und plädiert dafür, dass Naturschutz sich im eigenen Interesse in sozialpolitische Debatten einbringt.
Potenzial und Rolle(n) von Großschutzgebieten in der Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE)
(2021)
Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) zielt darauf ab, Menschen zu einer aktiven Teilhabe an der Gestaltung einer nachhaltigen Gegenwart und Zukunft zu befähigen. Während das Bildungskonzept in den letzten Jahren zunehmend in formalen Dokumenten des deutschen Bildungssystems verankert wurde, ist die praktische Umsetzung von BNE auf die Bildungsakteure vor Ort in den regionalen Bildungslandschaften angewiesen. In diesem Beitrag werden die Potenziale und möglichen Rollen von Nationalparken, Naturparken und Biosphärenreservaten für die BNE-Praxis in regionalen Bildungslandschaften diskutiert. Dafür werden zwei Rollen auf einem Spektrum an Handlungsmöglichkeiten identifiziert und in regionale Prozesse der BNE-Umsetzung eingeordnet: Großschutzgebiete als Träger ganzheitlicher BNE-Lernorte und Großschutzgebiete als regionale Moderations- und Vernetzungsstellen.
Die Energiewende genießt in Deutschland sehr hohe Zustimmung in der Bevölkerung. Allerdings sind bei diesem Transformationsprozess auch andere Belange wie der Schutz der biologischen Vielfalt und die Interessen der Anwohnerinnen und Anwohner zu berücksichtigen. Die vorliegende Studie zeigt mit Szenarien Wege zur Lösung dieser Konflikte. Dazu wurde ein GIS-Modell entwickelt, das die Empfindlichkeiten von Mensch und Natur berücksichtigt und flächenkonkret sowie summativ für Deutschland Potenziale für erneuerbare Energien berechnet und einem für 2050 projizierten Bedarf gegenüberstellt. Das Modell dient der Entscheidungsunterstützung: Sowohl der Energiebedarf als auch die eingegebenen Daten können als Variablen behandelt werden. Die Projektionen zeigen, dass der Strombedarf von 1500 Terawattstunden(TWh)/a im Jahr 2050 bei einer intelligenten Verteilung von On-Shore-Windenergieanlagen und einer sehr ambitionierten Nutzung von Dachflächen mit Photovoltaik gedeckt werden kann. Das Modell liefert die Grundlage für ein Werkzeug, das einer wissensbasierten Lenkung der Energiewende dient und in Zukunft bereitgestellt werden kann.
In der Region Mittelelbe bei Dessau wurden im Mai und Juni in den Jahren 2016 und 2017 die Käfergemeinschaften von 149 Exemplaren auwaldtypischer Baumarten mittels Baumkronenvernebelungen (Fogging) gesammelt. Ziel der Untersuchungen war es, die Bedeutung der Baumkronen als Habitat von Käferarten, die in ihrem Bestand als gefährdet eingestuft werden, zu untersuchen. Insgesamt wurden 602 Käferarten in 30458 Exemplaren (Ex.) aus 65 Familien nachgewiesen. Basierend auf den in den Roten Listen Sachsen-Anhalt 2020 bewerteten Käferfamilien ergab die Auswertung, dass 108 der 465 bewerteten Arten (23,2%) bzw. 2889 von 23509 Käferindividuen (12,3%) in eine der Gefährdungskategorien R, 0, 1, 2, 3 fallen. Eingeschlossen sind dabei 7 Neufunde und 1 Wiederfund, für deren Familien nur zum Teil eine Gefährdungseinstufung vorliegt. Besonders auffallend ist der hohe Anteil kleiner und kleinster, seltener oder schwer nachweisbarer Arten. Die meisten gefährdeten Arten wurden auf den 23 untersuchten Eichen nachgewiesen (65 Arten, 1085 Ex.), gefolgt von den 57 Bäumen der Gewöhnlichen Esche (61 Arten, 665 Ex.), 50 Rot-Eschen (54 Arten, 654 Ex.), 12 Ulmen (37 Arten, 333 Ex.), 6 Linden (21 Arten, 138 Ex.) und 1 Wildbirne (6 Arten, 14 Ex.). Nach Standardisierung mittels Rarefaction fanden sich die meisten Rote-Liste-Arten auf der Gewöhnlichen Esche (Fraxinus excelsior). Anders als auf Eichen und Ulmen wurden diese aber in geringer Anzahl gesammelt. Auch in den relativen Anteilen der Gildenkomposition unterscheiden sich beide Gruppen. Diese Unterschiede bestätigen sich auch für den gesamten Datensatz und werden zurzeit analysiert.